Fukushima – sechs Jahre danach

Am kommenden Samstag ist es wieder soweit. Wir erinnern uns an die Horrormeldungen aus Fukushima vor sechs Jahren. Nach dem Erdbeben der Stärke 9,0 zerstörte der ausgelöste Tsunami am 11. März 2011 die Notkühlung der Reaktoren. Es kam zur Kernschmelze.

Heute, sechs Jahre nach dem GAU, stehen die Behörden vor der Frage: Wohin mit den überall anfallenden radioaktiv verseuchten Abfällen? Durch die Entsorgung strahlender Ernteprodukte, das Abtragen verseuchter Erdschichten oder das Sammeln von radioaktivem Laub fallen in den betroffenen Gebieten jedes Jahr tonnenweise radioaktive Müllberge an.

Ein „kreativer Trick“ der Regierung bestand darin, den gesetzlichen Grenzwert für Baumaterialien in Japan von 100 Bq/kg vor Fukushima bereits im Dezember 2011 auf 3.000 Bq/kg zu erhöhen. So konnten mehr als 350.000 Tonnen strahlender Müll als Konstruktionsmaterial für Straßen, Deiche und Fundamente von öffentlichen Bauprojekten verbaut werden. Ein Großteil des kontaminierten Mülls hat jedoch Strahlendosen, die deutlich höher liegen als 3.000 Bq/kg. Um auch diesen „konstruktiv“ nutzen zu können, wurden im Juni 2016 die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte für Materialien in „öffentlichen Bauprojekten“ vom japanischen Umweltministerium im Rahmen eines „Experiments“ in der Ortschaft Minamisoma von 3.000 auf 8.000 Bq/kg angehoben.

Selbst die japanische Atomregulierungsbehörde NRA kritisierte das Vorgehen. Es sei nicht klar, wie das Umweltministerium die sichere Handhabung des strahlenden Materials gewährleisten wolle. Straßen oder Deiche sind keine Strukturen für die Ewigkeit, müssen gewartet, repariert und nach einigen Jahrzehnten ersetzt werden. Weiterhin sei völlig unklar, wie dann sichergestellt werden soll, dass Arbeiter, Bevölkerung und Umwelt vor den schädlichen Auswirkungen des Strahlenmülls geschützt werden. Die NRA äußerte ihre Sorge, dass radioaktive Materialien am Ende illegal in der Umwelt deponiert oder für andere Projekte genutzt werden könnten. Sie betonte die Notwendigkeit, wieder zum Grenzwert von 100 Bq/kg zurück zu kehren, um die Bevölkerung vor unzulässiger gesundheitlicher Gefahr zu schützen. Mittlerweile wurde das „Experiment“ in Minamisoma aufgrund des öffentlichen Drucks beendet und der Grenzwert wieder auf 3.000 Bq/kg abgesenkt.

Und Obacht: Auch in Deutschland steht die Auseinandersetzung um den Umgang mit gering radioaktivem Bauschutt aus dem Abriss von Atomkraftwerken ins Haus. Dieser soll nach einer „Freigabe“ in die normale Wertstoffentsorgung überführt werden. Eine gefährliche Entwicklung!
Quelle: IPPNW, 10.2.2017

Winfried Plesch
für die Schriesheimer Ökostromer
unabhängig und parteiübergreifend