Ergebnisse Waldzustandserhebung 2020

Mein Großvater hat im Jahre 1960 auf dem Grundstück meiner Eltern bei Hamburg ungefähr 50 Fichten gepflanzt. Von Borkenkäfern, Klimaveränderung und negativen Folgen der Monokultur hat er damals nichts geahnt. 55 Jahre sind die Bäume prächtig gediehen, aus einer feuchten Wiese wurde ein respektables kleines Wäldchen. Dann kam der Borkenkäfer… Die beiden höchsten Bäume, bei denen die Gefahr bestand, dass sie bei einem Sturm auf das Haus kippen könnten, mussten bereits umgehend gefällt werden. Bei den übrigen Fichten wird nun nach und die „Motorsäge angesetzt.“

Genau wie diesen Bäumen, die ursprünglich auf einer feuchten Wiese gepflanzt wurden, erging es bundesweit sehr vielen Fichten. Biologen und Förster beschreiben den Befall einhellig. Erst kommen einzelne Pionierkäfer und testen den Baum. Sie fressen sich in das nahrhafte Gewebe, das unter der Borke liegt. So ein Pionier prüft, ob der Baum noch die Kraft besitzt, sich mit Harz zu wehren. Er verströmt Pheromone und lockt damit Artgenossen an. Die inzwischen begatteten Weibchen legen dann „Muttergänge“ in dem Baum an, in die sie ihre Larven legen. Dann fressen die Larven, und nicht lange nach dem Befall ist der Baum tot. Ein gesunder Baum kann sich gegen wenige Käfer wehren, er tötet sie mit Harz. Bei Trockenheit, wie zuletzt in den Dürrejahren 2018 bis 2020, ist er nahezu wehrlos. In solchen Jahren bringt der Käfer nicht ein oder zwei Generationen hervor, sondern drei bis vier. Ein Käferweibchen kann mehr als 100.000 Nachkommen hinterlassen.

Das spiegelt sich in der bundesweiten Waldzustandserhebung:
„Die Ergebnisse der Waldzustandserhebung 2020 bestätigen, was wir befürchtet haben: Unserem Wald geht es weiterhin sehr schlecht. Das vergangene Trockenjahr, das zudem von Sturmereignissen und Schädlingen geprägt war, hat dem Wald erneut zugesetzt. Die Auswirkungen des Klimawandels spüren wir mit aller Härte. Vor allem unsere alten Wälder leiden. Noch nie seit Beginn der Erhebungen sind so viele Bäume abgestorben wie im Jahr 2020. Die Folgeschäden werden auch in den kommenden Jahren zu spüren sein. Einen kleinen Lichtblick stellt der Kronenzustand unserer Eichen dar. Sie konnten sich 2020 geringfügig regenerieren. Nichtsdestotrotz sind die Schäden weiterhin auf sehr hohem Niveau.“
(Quelle: Vorwort der „Ergebnisse Waldzustandserhebung 2020“ des Bundesministeriums für Ernährung Landwirtschaft, verfasst von Ministerin Julia Klöckner)

Die zentralen Ergebnisse des Berichtes lauten:
Noch nie waren so viele Erhebungs-Bäume abgestorben wie 2020.
Vier von fünf Bäumen haben lichte Kronen, konkret:

  • 79 Prozent der Fichten.
  • 80 Prozent der Kiefern.
  • 80 Prozent der Eichen.
  • 89 Prozent der Buchen.
  • 27 Prozent aller Bäume weisen deutliche Veränderungen auf
  • Das heißt: Bei diesen Bäumen sind mindestens 26 Prozent der Blätter oder Nadeln vorzeitig abgefallen.  

Vergleicht man die jährliche durchschnittliche Temperatur des Jahres 2020 von Hamburg mit der vom Großraum Heidelberg des gleichen Zeitraumes, so ist es hier mit 10,7 °C ungefähr ein Grad wärmer als in Hamburg. Die badischen Fichten haben also einen noch schwereren Stand als die norddeutschen. Schaut man sich die Niederschlagswerte des Jahres 2020 an, so zeigt sich ein verblüffendes Ergebnis: in Hamburg war es mit 804 mm trockener als in Heidelberg mit 927 mm. Ein tiefergehender Blick auf das aktuell pflanzenverfügbare Wasser im Oberboden offenbart, dass für die Pflanzen in Norddeutschland mit ca. 60 % nFK günstigere Bedingungen als hier in Nordbaden mit ca. 40 % nFK herrschen – unter der sogenannten Feldkapazität nFK versteht man die Wassermenge, die ein zunächst wassergesättigter Boden gegen die Schwerkraft nach 2 bis 3 Tagen noch halten kann.
[Quelle: Dürremonitor des UFZ (Helmholtz Institut für Umwelttechnik) vom 9.4.2021].

Ausreichend war diese Bodenfeuchte offensichtlich nicht…

Für die Schriesheimer Ökostromer
Norbert Clasen