Der Sommer 2018:
In einem Kommentar der Süddeutschen Zeitung schrieb Felicitas Kock am 01.08.2018, dass sie dieser Sommer gelehrt hätte, dass man Dinge gleichzeitig toll und „weltuntergangsschlimm“ finden könne. Sie hatte diese Erkenntnis in einem Münchner Badesee und einer nahen Eisdiele gewonnen. Bevor ich den Artikel las, hatte ich schon ähnliche Gedanken im Waldschwimmbad und auf der eigenen Terrasse. Beim Schwimmen ertappte ich mich geradezu allabendlich bei der Frage, weshalb Schriesheimer in Urlaub fahren; sogar abends um zwanzig Uhr war es noch so schön warm. Später, beim Genuss des hiesigen Weins auf der Terrasse, stellte sich dann endgültig das mediterrane Lebensgefühl ein und wurde nur unterbrochen von der Frage, ob der Wein, den wir trinken, vor dreißig Jahren, als wir nach Schriesheim zogen, auch schon angebaut wurde. Dass dem damals nicht so war, lag nicht daran, dass die Traubensorte an der Bergstraße unbekannt war, sondern war der Tatsache geschuldet, dass die damaligen klimatischen Bedingungen es schlicht nicht zuließen. An einigen dieser Abende war es möglich, die ISS-Raumstation auf ihrer Bahn zu verfolgen, aus der der Astronaut Alexander Gerst wenige Tage vorher gefunkt hatte, „wie erschreckend es sei, von oben zu sehen, dass immer mehr Regenwald gerodet wird, immer mehr Gletscher verschwinden und immer mehr Seen austrocknen“. Oben werde ihm immer klar, „dass man die Steinkugel Erde locker verpesten kann, dass sie unbewohnbar ist“. Seine Beobachtung gewinnt an Bedeutung, da ihm schon der zweite Ausblick auf die Erde vergönnt ist.
Diese Realität des Klimawandels kann man wahrscheinlich nur bestreiten, wenn man sich schon zu Schulzeiten ein distanziertes Verhältnis zu Mathematik und Statistik aufgebaut hat und Wahrscheinlichkeiten von über 90 % erst dann akzeptieren will, wenn diese zu 100 % eingetreten sind. Da die Einflussgrößen des Klimawandels aber sehr komplex sind und sich in unterschiedlichem Maße gegenseitig beeinflussen, wird kein geschlossener mathematischer Ansatz diesem Anspruch je gerecht werden können. Aber wie postete ein Satiremagazin nach dem seichten und von Nichtwissen geprägten „Sommerinterview“ eines Politikers: „Wahrscheinlich hat er recht, wir haben auf das Klima auf unserer Erdscheibe keinen Einfluss.“.
Kaum ist der Sommer vorbei, warnt der Weltklimarat vor den dramatischen Folgen des Aufheizens der Erde um 2 °C. Ein Begrenzen auf 1,5 °C würde helfen, wertvolle Zeit zu gewinnen. Um Missverständnissen vorzubeugen: 1 °C Klimaerwärmung seit Beginn der Industrialisierung ist schon nachgewiesen.
Felicitas Kock fragte in dem zitierten Kommentar abschließend: Darf man sich da noch Sorglosigkeit leisten?
Für die Schriesheimer Ökostromer
Norbert Clasen