Was ist mit unserem Wald los?
Vorneweg, ich bin parteiisch. Ich liebe den Wald bei Schriesheim: Die stolzen Buchen rund um die Hirschburg mit ihren mächtigen Kronen, welche im Frühjahr den grünen Maiglöckchen-Rasen und die Schlüsselblumen beschatten, den sommerlichen Ausblick vom Traubeneichenwald am Ölberg über die Rheinebene, die Esskastaniensuche mit den Kindern im bunten Herbstlaub der von den Römern eingeführten Edelkastanien.
Umso mehr schmerzt der Blick von Schriesheim nach Osten in den durch Trockenheit geschädigten Wald auf die braunen Gerippe vertrockneter Kiefern, Fichten und Buchen. Oberhalb der Strahlenburg liegt mitten im Juli gelbes Laub kranker Bäume auf dem Boden. Vom Hitzestress geschädigt sind bei einigen Bäumen Äste abgebrochen, nicht ungefährlich für Spaziergänger. Dürregeschädigte Fichten können kein Harz zur Abwehr von Borkenkäfern produzieren. Infolge der Käferplage geht der Holzpreis in den Sinkflug – Schriesheim rechnete 2018 dadurch mit einem Minus von 75.000 Euro. Der Klimawandel ist nun endgültig für alle sichtbar in Schriesheim angekommen.
Nicht nur Schriesheim ist betroffen. Bundesweit sieht es nicht besser aus: Etwa 110.000 Hektar Wald sind durch Sturm, Dürre und Käfer zerstört, die Kosten für den Abtransport werden auf 2 Milliarden Euro geschätzt, 300 Millionen Bäume müssten nachgepflanzt werden zu Kosten von geschätzt 640 Millionen Euro. Der Bund Deutscher Forstleute spricht in einer aktuellen Pressemitteilung von einer Klimakatastrophe und hat den Klimanotstand für den Wald ausgerufen. Der Wald sei seit fast zwei Jahren im extremen Klimastress und die Forstleute befänden sich im permanenten Katastrophenmodus.
Es gibt unter Wissenschaftlern keinen ernstzunehmenden Zweifel mehr am menschgemachten Klimawandel. Erstmals wurden in Deutschland über 41°C gemessen. Es ist jetzt an der Zeit zu handeln: Wir müssen nicht nur auf naturnahe Laubmischwälder setzen, mehr Forstpersonal bereitstellen und die Waldbesitzer beim Waldumbau unterstützen. Wir müssen vor allen Dingen den CO2-Ausstoß rasch und massiv senken durch eine umwelt- und sozialverträgliche CO2-Umlage. Die CO2-Bepreisung für alle Sektoren wird von der Nationalen Akademie der Wissenschaften, der Leopoldina gefordert. Mittlerweile dürfte es sich auch herumgesprochen haben, dass ein CO2-Preis sozial gerecht gestaltet werden kann und gerechter ist als die Alternativen, nämlich die Allgemeinheit die Schäden bezahlen zu lassen.
Quellen:
https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2019-07/klimawandel-waldsterben-milliardenschaeden-wiederaufforstung
https://www.bdf-online.de/fileadmin/user_upload/www_bdf-online_de/pdf/2019/Pressemitteilungen/19-08_Klimanotstand_fuer_den_Wald.pdf
https://www.theguardian.com/science/2019/jul/24/scientific-consensus-on-humans-causing-global-warming-passes-99
https://www.leopoldina.org/themen/thema-klimaziele-2030/sofortmassnahmen-zum-klimaschutz/
Gastbeitrag für die Schriesheimer Ökostromer von
Dr. med. Andreas Reuland, Schriesheim