Warum die Atomkraft selbst ökonomisch keine Option für den Klimaschutz ist
Die Diskussion um Klimawandel und Kohleausstieg bringt auch diejenigen wieder auf den Plan, die es für eine gute Idee halten, mit Atomkraftwerken das Klima zu retten. Doch das klappt weder durch Neubauten noch durch Laufzeitverlängerungen der alten Reaktoren. Die Atom-Option ist zu langsam, viel zu teuer, und mit einem modernen Stromsystem nicht vereinbar. Das wollen wir nachfolgend darstellen.
Ganz abgesehen vom Strahlenrisiko durch Atomunfälle und dem ungelösten Verbleib des Atommülls stellt sich die Frage: Kann die Atomkraft tatsächlich nennenswert zum Klimaschutz beitragen? Um einmal die Dimensionen abzustecken: Atomkraft deckt aktuell weltweit gerade ca. zehn Prozent des Strombedarfs. Selbst wenn man die Zahl der Reaktoren verdoppeln würde – eine freilich unrealistische Annahme – würde das den globalen CO2-Ausstoß nur geringfügig senken. Man bräuchte also eine enorme Menge an neuen Reaktoren. Die aber ließen sich gar nicht so schnell bauen, wie es für den Klimaschutz nötig wäre. Schließlich kamen schon die Anlagen, die im laufenden Jahrzehnt bisher in Betrieb gingen, im Schnitt auf eine Bauzeit von sage und schreibe zehn Jahren. Und in der Geschichte der Atomkraft wurden die Bauzeiten immer länger. Wollte man nun so viele Projekte starten, wie für eine merkliche Reduktion der CO2-Emissionen nötig wäre, würde man an der Lieferfähigkeit der Komponentenhersteller ebenso scheitern wie bei der Kapitalakquise.
In Europa dürfte es nach den Erfahrungen der letzten Jahre nicht einmal gelingen – selbst wenn man es denn wollte –, die vom Netz gehenden Altreaktoren durch neue zu ersetzen. Denn die drei Baustellen in Finnland, Frankreich und Großbritannien haben sich als schlechte Referenz erwiesen; Kosten und Bauzeit laufen längst völlig aus dem Ruder. Nicht nur wegen der langen Bauzeiten geht Klimaschutz durch Atomkraft an der Realität vorbei, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen. In Atomkraftwerke investiert niemand mehr, der keine staatlichen Preisgarantien bekommt. So geschehen beim Projekt Hinkley Point in England: Knapp 11 Cent je Kilowattstunde plus Inflationsausgleich für 35 Jahre wurden hier staatlich zugesichert – ansonsten hätte es keinen Investor gegeben. Die Kostenentwicklung ist deutlich: Während erneuerbare Energien in den letzten Jahrzehnten immer billiger wurden (Solarstrom gibt es heutzutage schon ab 2 – 3 Cent je Kilowattstunde!), wurden neue Atomkraftwerke immer teurer. Und wegen der hohen Investitionskosten müssen solche Kraftwerke für möglichst viele Stunden im Jahr durchgehend betrieben werden, um wirtschaftlich sein zu können. Damit sind sie nicht kompatibel zu den Erneuerbaren Energien. Ökonomisch betrachtet, ist das Rennen um den besten Klimaschutz damit längst entschieden.
Von Bernward Janzing (Quelle: https://www.ausgestrahlt.de/blog/), von Winfried Plesch für die Schriesheimer Ökostromer bearbeitete Fassung mit Genehmigung des Autors