Eine Arktis ohne Eisbären

Der Eisbär ist das zweitgrößte lebende Landraubtier (nach dem Kodiakbär). Sollten die CO2-Emissionen weiter ansteigen, könnte das zur Folge haben, dass nahezu alle Eisbären innerhalb der nächsten 80 Jahre von der Erde verschwunden sind. Ein Team von Wissenschaftlern der Universität von Toronto veröffentlichte dieses Studienergebnis in der Zeitschrift „Nature Climate Change“. Die Ursache für den rasanten Niedergang liegt darin, dass die zweieinhalb Meter großen Tiere schlicht verhungern. Eisbären verbringen die langen arktischen Winter und das Frühjahr auf dem Packeis, welches das Polarmeer rund um den Nordpol bedeckt. Sie ernähren sich hauptsächlich von Robben, die sie im offenen Wasser aufgrund deren Schnelligkeit und Wendigkeit aber so gut wie nie erwischen und sie deshalb an deren Atemlöchern im Eis auflauern. Getarnt mit ihrem hellen Fell heben sie sich kaum von der Umgebung ab und sind deshalb für die unterhalb des Eises schwimmenden Robben nicht zu erkennen. Der Klimawandel lässt das Packeis, auf das die Tiere zur Jagd angewiesen sind, aber immer mehr schmelzen. Ohne genügend Eisflächen, auf denen sie Robben fangen können, würden die Eisbären an Land gedrängt, wo sie bei der Futtersuche Nachteile hätten. An Land fänden die Tiere nicht das passende Futter, um ihren Energiebedarf zu decken. Sie müssen während dieser Zeit fasten, beziehungsweise von den Fettreserven zehren.

Die Studie prognostiziert die Zahl der eisfreien Tage und vergleicht sie mit der Zahl der Tage, die Eisbären ohne Nahrung durchhalten können. Den Berechnungen zufolge sterben junge Bären nach 117 Tagen, deren Mütter in der Regel kurz danach. Erwachsene männliche Tiere halten etwa 200 Tage durch, weibliche Tiere ohne Nachwuchs sogar 255. Sollte es nicht gelingen, die Emissionen deutlich zu senken, würden diese Zeiträume weiträumig überschritten werden. Alle Eisbären können also monatelang fasten, doch um gegen schnellen Klimawandel anzukommen, reicht es nicht. Ihre Zukunft liegt im doppelten Sinn auf dünnem Eis.

Für die Schriesheimer Ökostromer
Norbert Clasen