„Der Stoff aus dem wir sind“ – eine Buchempfehlung
Irgendwann entstand in der Wissenschaft der Glaube, wir könnten die Natur bis in kleinste Teilchen (Atome) zerlegen und danach prinzipiell alles wie mit LEGO-Steinen wieder neu zusammensetzen. Und so die Welt verstehen. Ein großer Irrtum, wie sich herausstellt; denn in der Welt der Elementarteilchenphysik gibt es, wenn man immer tiefer in sie eindringt, irgendwann keine Teilchen mehr, sondern nur noch Energiefelder und Aufenthaltswahrscheinlichkeiten, die miteinander in Beziehung stehen. Selbst dort müssen wir erkennen, dass alles miteinander zusammenhängt und sich gegenseitig beeinflusst.

In seinem neuen Buch „Der Stoff aus dem wir sind“ (Piper Verlag, München 2021) beschreibt Fabian Scheidler sehr einprägsam und nachvollziehbar, welche Konsequenzen sich aus diesen Erkenntnissen ergeben. Eine der wichtigsten ist, dass wir Teil der Natur sind, eben nicht über ihr stehen, sondern untrennbar und unauflösbar mit ihr verbunden sind. Es gilt den Graben zwischen Natur und Menschheit, zwischen Natur und Zivilisation in unserem Denken zuzuschütten. Sich über die Natur zu erheben und sie als reine Werkbank für den Menschen, als reine Rohstoff- und Nahrungsquelle anzusehen, das hat entscheidend zu den Verwerfungen, die wir gerade in Form z.B. des Klimawandels oder des Artensterbens erleben müssen, beigetragen. Wir sitzen hier kollektiv der „technologischen Ideologie“ auf, wie Zeidler es nennt. Leben erschaffen, das werden alle Programmierer und künstliche Intelligenz- Entwickler im Silicon Valley nicht können. Elektronische Simulationen – ja, aber Leben – nein! Stellen Sie sich z.B. nur eine einzige Zelle vor, ein Wunderwerk an selbstorganisierten Prozessen und Strukturen. Wenn wir diese Zelle beobachten, so verhält sie sich nicht statisch wie in der Abbildung im Biologie-Lehrbuch, sondern nicht weniger als 10 Billionen(!) Moleküle rasen in ihrem Innern kreuz und quer durch den Raum, mit einer Aufgabe: Die Zelle am Leben zu halten.

Alle diese Erkenntnisse der modernen Wissenschaften haben bisher kaum Eingang in unser Alltagsdenken, nicht mal in unsere Schulbücher gefunden. Die „technologische Ideologie“ der Beherrschbarkeit der natürlichen Prozesse durch den Menschen ist tief in uns verwurzelt, weil seit Generationen entwickelt. Aber dann kommt ein Virus und die Menschheit erlebt einen nicht für möglich gehaltenen Kontrollverlust.

Also, auf zu Utes Bücherstube und tauchen Sie ein in den Stoff, aus dem wir sind! Eine faszinierende Welt erwartet Sie.

Viel Vergnügen wünscht
Winfried Plesch (für die Schriesheimer Ökostromer)